Anlässlich des kommenden Hackbrettwettbewerbs 2021 bat Isabel Lena de Terry, Mitarbeiterin am Johann-Joseph-Fux-Konservatorium, Prof. Strunz – Wettbewerbs-Initiator und ehemaliger Lehrer für Steirisches Hackbrett – zum Interview:

Isabel Lena de Terry: Wie kam es zu der Idee, diesen Wettbewerb zu veranstalten?

Sepp Strunz: Als ehemaliger Lehrer für das Steirische Hackbrett am Johann-Joseph-Fux-Konservatorium liegt mir dieses „ursteirische“ Instrument besonders am Herzen. Seit Jahren bin ich Juror beim ORF-Harmonika-Wettbewerb, der alljährlich live auf ORF 2 ausgestrahlt wird und einen großen Impuls für das Instrument darstellt. Da lag es nahe, auch das Steirische Hackbrett mit einem eigenen Nachwuchswettbewerb zu fördern.

Isabel Lena de Terry: Warum gerade ein Hackbrett-Wettbewerb?

Zur Präzisierung: Dies ist ein Wettbewerb ausschließlich für die diatonische steirische Hackbrettform, das Osttiroler oder das chromatische Salzburger Hackbrett haben bei zahlreichen anderen Wettbewerben ihren Platz.
Die Verbreitung des Steirischen Hackbretts beschränkt sich mit wenigen Ausnahmen (im Wesentlichen die Grenzgebiete zu Kärnten, Burgenland und Niederösterreich) auf die Steiermark: auch ein wichtiger Grund zur Erhaltung und Weitergabe des Instruments.
Dazu kommt der Aufschwung der Volksmusikinstrumente in letzter Zeit, sodass das Steirische Hackbrett bei der musizierenden Jugend wieder sehr gefragt ist: Es gibt großartige neue Literatur, die „Entstaubung“ des Instruments tat das Übrige.

Isabel Lena de Terry: Welche Rolle nehmen Sie in diesem Wettbewerb ein?

Organisator (gemeinsam mit Prof. Mag. Hugo Mali und Dir. Mag. Eduard Lanner), der Besprechungen, die Drucksorten und den Ablauf des Wettbewerbs-Finales vorbereitet, der Jury vorsitzt und gemeinsam an der ständigen Anpassung und Weiterentwicklung des Wettbewerbs arbeitet.

Isabel Lena de Terry: Welche Möglichkeiten ergeben sich für junge Volksmusikanten/innen durch die Teilnahme am Hackbrett-Wettbewerb?

Die außerordentliche Motivation der Teilnehmer/innen ist – wie auch bei anderen Wettbewerben – der größte Nutzen, der bei vielen den gesamten Lernfortschritt zum Positiven verändert. Monatelang muss besonders eifrig geübt werden, dann folgt das Finale mit Publikum, Jurybewertung und ORF-Aufnahme – man hat als musizierender Nachwuchs nicht oft ähnliche Möglichkeiten, sein Können zu zeigen. Dies wird auch noch mit wertvollen Preisen (zwei Hackbrettern, Sachpreisen), einer Vorstellung im ORF und – nicht unwesentlich – meist mit zusätzlichen Auftrittsmöglichkeiten sowie mit Bekanntheit belohnt.

Isabel Lena de Terry: Auf was wird beim Vortrag der Teilnehmer/innen besonders Wert gelegt?

Voraussetzung für ein schönes Musizieren ist eine fundierte Technik, die nicht zum Selbstzweck werden darf, sondern dem Vortrag dient. Besonders wichtig sind die präzise Rhythmik gepaart mit einem überzeugenden, kultivierten Anschlag, der in allen Lautstärken gleich exakt sein muss, Verzierungen und schnelle Läufe sollten leichtfüßig und locker klingen.
Damit sind wir bei den wesentlichen Punkten Dynamik, Verzögerungen und Beschleunigungen, um die in der Musik so wichtige Spannung zu erzeugen. Sie ist am Hackbrett besonders schwierig, denn der ansonsten verklingende Ton muss mit mehreren Tönen (Läufen), die gleichmäßig lauter bzw. leiser werden zu einer „Klangwolke“ voll Spannung werden. Nicht zuletzt entscheidet auch die musikalische Reife des Vortrags, dabei sollte die natürliche Musikalität der Musizierenden deutlich hervortreten.
Bei Volksmusikstücken kommt es noch auf den tänzerischen, musikantischen Schwung und beim gemeinsamen Musizieren auf das harmonische Zusammenspiel an.
Noch ein Tipp: Ein einfaches Stück schön zu musizieren ist oft viel schwieriger als eines mit vielen Tönen. Wenn man an die Grenze des technischen und musikalischen Könnens gelangt und nicht „darübersteht“, sollte man ein anderes Stück wählen. Schwierig und holprig – is nix, einfach und schön – das is was!

Isabel Lena de Terry: Welchen Eindruck haben Sie von den Teilnehmer/innen der bisherigen Wettbewerbe gewonnen?

Es wächst eine großartig musizierende Jugend heran, das Niveau steigt laufend. Im Rückblick auf ca. 60 Jahre Beobachtung der Volksmusikszene kann ich nur sagen: Es hat noch nie so viele und gut Musizierende gegeben wie jetzt: bestens ausgebildet, musikalisch versiert, auch experimentierfreudig, oft ein großartiges Gesamtpaket von Musik und Präsentation.

Isabel Lena de Terry: Wie sehen Sie generell den Stellenwert des Hackbretts in Österreich?

Neben der diatonischen = Steirischen Harmonika wird das Hackbrett (generell) als das typisch alpenländische Volksmusikinstrument angesehen, es prägt das Klangbild unserer Volksmusik maßgeblich und erfreut sich einer flächendeckenden Verbreitung. Das Steirische Hackbrett im Besonderen kann als Kleinod der steirischen (Volks)Musiklandschaft bezeichnet werden.

Isabel Lena de Terry: Was macht für Sie eine/n gute/n Hackbrettspieler/in aus?

Ein präziser und kultivierter Anschlag, absolute Rhythmusfestigkeit, bei konzertanten Stücken primär der gekonnte Vortrag, bei Volksmusikstücken auch das Musikantische und Tänzerische, in Kombination mit anderen Instrumenten einerseits das fein abgestimmte Begleiten und Unterordnen, andererseits die Übernahme von solistischen Passagen – und als großes Ziel das abwechslungsreiche „freie Dazuspielen“, die spontanen Variationen und das Improvisieren von Stimmen und Rhythmen.

Isabel Lena de Terry: Was möchten Sie jungen Hackbrettspieler/innen auf den Weg geben?

Das Steirische Hackbrett ist ein „cooles“ Instrument, mystisch, das in allen Musikgattungen beheimatet ist, von traditioneller Volksmusik über die Alte Musik bis zu Folklore aus aller Welt, Crossover, Pop und Jazz, mit großartigen neuen Stücken und einem unvergleichlichen Sound … einfach ausprobieren und sich fesseln lassen …

Isabel Lena de Terry: Denken Sie an die Zukunft des Hackbretts. Was sind Ihre persönlichen Wünsche das Hackbrett betreffend?

Das Steirische Hackbrett und sein Spiel mögen sich so dynamisch wie in den letzten Jahrzehnten weiterentwickeln; beim Hackbrettbau möge man unentwegt am besonderen, guten Klang und an Verbesserungen zum Halten der Stimmung arbeiten; in (Tanz)Musikgruppen soll es wieder vermehrt als klang- und rhythmusprägendes Instrument verwendet werden; neue, interessante Besetzungen und Stücke aller Stilrichtungen mögen laufend entstehen – so soll das Steirische Hackbrett viele junge Menschen begeistern und „verführen“ …